Vorwort Gemeinde Informationsbuch Thun

Engagement und Mitbestimmung

Wir sind grundsätzlich frei, unsere freie Zeit so einzusetzen, wie wir es für richtig erachten. Ich habe mich entschieden, einen Teil meiner Zeit der Thuner Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Zusammen mit neununddreissig anderen Stadträtinnen und Stadträten stehe ich im Rampenlicht und leite im Milizparlament die Geschicke der Stadt Thun. Dahinter gibt es ein paar Dutzend wirklich aktive Mitglieder, auf die die Parteien zählen können. Weiter gibt es ein paar Hundert zahlende Mitglieder und im besten Fall ein paar Tausend, die passiv an der Urne ihre Meinung sagen. Das ist abschliessend das politische Engagement in einer Stadt von rund 33’000 Stimmberechtigten. Sehr bescheiden, meine ich.

Und die grosse Mehrheit, die sich nicht aktiv an der politischen Arbeit beteiligt? Das sind die Stammtischpolitiker («Ich habe schon immer gesagt, dass…!!»), die Gestressten («Was, das soll ich alles lesen?»), die Vergesslichen («Was, letztes Wochen- ende waren Abstimmungen?») und schliesslich die Resignierten («Die machen ja sowieso was sie wollen!»). Fakt ist, dass die Beteiligung vor allem an den regionalen Wahlen bei rund einem Drittel dümpelt. Natürlich ist das Melli in Goldwil für viele weit weg und vom «Wohnen im Alter» fühlen sich auch nicht gerade alle angesprochen. Wenn aber für einen Millionenkredit für das neue Krematorium nur etwas mehr als ein Viertel den Weg zur Urne finden oder für die Wahlen der sogenannten Volksvertreter gerade mal 35 % die Unterlagen einreichen, dann finde ich das tragisch. Eine Mehrheit lässt eine Minderheit eine Mehrheits- entscheid fällen.

Es scheint, dass uns die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen fehlt – oder es ist wie ein altes deutsches Sprichwort sagt: «Wär’ sein Wort eine Brücke, ich ginge nicht darüber.» Wie viele der schönen Worte auf den Wahlflyern haben wirklich zu einer Lösung unserer Probleme beigetragen und sind nicht einfach Phrasen, beindruckend zwar, aber wenig aussagend? Wie stark akzeptie- ren wir (auch dauerhaft) Volksentscheide – und zwar nicht nur dann, wenn sie uns gerade in den Kram passen?

Wir müssen es schaffen, unseren Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern im Abstimmungs- oder Wahlkampf konkrete Lösungen für die anstehenden Probleme zu präsentieren und sie dann auch nach dem Volkswillen umzusetzen. Dazu braucht es einen gemeinsamen Willen über sämtliche Parteigrenzen hinaus. Wir müssen die Mauern einreissen und mit den Steinen starke Brücken bauen, Brücken, über die Sie gerne und vertrauensvoll gehen. Sie haben am 25. November die Wahl, wem Sie zutrau- en, diese Brücken zu bauen und zu unterhalten. Deshalb, engagieren Sie sich für ein lebenswertes Thun – wenn nicht aktiv, dann passiv, indem Sie Ihre Meinung an der Urne Kund tun. Ich freue mich schon jetzt auf eine hohe Wahlbeteiligung.

Andreas Kübli Stadtratspräsident