Abschlussrede zum Stadtratspräsidialjahr

Geschätzte Damen und Herren Gemeinderäte
liebe Kolleginnen und Kollegen Stadträte
liebe Mitglieder der Stadtkanzlei
geschätzte Gäste

Vor genau 329 Tagen stand ich vor einer ähnlichen Herausforderung. (Damals war ich aber massiv nervöser als heute.)

Damals sprach ich davon, neue Brücken zu bauen zwischen der Bevölkerung und der Politik. Wenn ich die Wahlbeteiligung von vor rund einem Monat anschaue, ist das nur bedingt gelungen. Zwar konnte mit 36% der Wählerschwund etwas gebremst werden. Dies aber auf eine lösungsorientierte Politik zurückzuführen, scheint mir fehl am Platz. Es gab zu viele politische Geplänkel, von kompromisslosen Positionsbezügen über für dieses Gremium nicht angemessenen Voten bis zu Parteiwechseln, wie es diese Stadt wohl noch nie erlebt hat. Auch die Anzahl Vorstösse zeigten deutlich, dass das Wahljahr anstand.  Mit 82 Vorstössen sind soviele eingereicht worden, wie die vorderen beiden Jahre zusammen. Deshalb ist nicht überraschend, dass wir zwar nur 11 Sitzungen hatten, der Durchschnitt der Sitzungen aber fast 3h betrug. Nun, zumindest kann die Bevölkerung nicht behaupten, dass wir uns nicht einsetzen für die Stadt…

Gefreut hat mich, dass, sowie ich mich erinnern kann, die Wertschätzung zwischen den politischen Gremien gegeben war. Es gab viel Lob für die Unterlagen des Gemeinderates, aber in den meisten Fällen auch eine wohlwollende Aufnahme der Rückmeldungen aus den Debatten des Stadtrates durch den Gemeinderat.

Sehr positiv erachte ich, dass sich die Fluktuation in den Stadtratsreihen während dieser Legislatur auf rund einen Drittel reduziert hat, während vorher mehr als die Hälfte und in den 4 Jahren davor sogar 90% der Stadträte ihren Sitz freiwillig räumten.

Nun aber noch ein kleiner Rückblick auf mein Präsidialjahr:

Wie versprochen, habe ich mit drei Ausnahmen, allen Einladungen folgen können. Mir war es wichtig, den Organisatoren auch Wertschätzung entgegen zu bringen, indem ich mir die Zeit für die Anlässe genommen habe. Dabei hat es viel Neues und Einzigartiges gegeben, wie die Teilnahme an den verschiedenen Anlässen im Rahmen des Ausschiesset oder auch am Herrenabend des Männerchors. Beides Anlässe, die normalerweise nur Eingeweihten (oder eben dem oder der Stadtratspräsidenten / Stadtratspräsidentin) offen stehen. Es gab aber auch Emotionales wie bspw. die Taufe der Devotine „Stadt Thun”, einem von zwei noch flugfähigen hier in Thun gebauten Fliegern, die Begleitung der Thuner Jasser an den Donnschtig-Jass (mein erster Auftritt im Schweizer Fernsehen – man hat es sicher auch gemerkt) oder die Meisterfeier von Wacker Thun. Anlässe, die wohl nicht jeder Stadtratspräsident erleben darf (obwohl ich mich freuen würde, wenn letzteres zum Standard wird). Einiges ist auch hängen geblieben: so werde ich wohl auch künftig an der Fasnacht anzutreffen sein und der Antrag für eine Passivmitgliedschaft beim Männerchor ist noch hängig….

So durfte ich an 40 speziellen Anlässen teilnehmen und habe dabei 5 Grussbotschaft  (inkl. 1. August“rede“ ) mitbringen dürfen. Bei zwei Anlässen musste ich mich durch meinen Vize resp. meine zweite Vizepräsidentin vertreten lassen.

In meiner Antrittsrede habe ich gesagt, dass ich nicht scharf bin, einen Stichentscheid zu treffen, da mir klare Verhältnisse lieber sind. Und in der Tat, musste ich dann auch nur einen „kleinen“ Stichentscheid über die Abstimmungsbotschaft zu den Kunstrasenfeldern fällen. Dafür liess ich es mir nicht nehmen, ein mir wichtiges Thema nochmals persönlich zu vertreten. Meinem Vize Reto Schertenleib danke ich für die tadellose Vertretung auf dem Präsidentenstuhl.

Auch der Ratsbetrieb ist, mit 1,2 Rumplern aus meiner Sicht gut gelaufen. Ich habe stets versucht, fair zu sein und Klarheit zu schaffen, letzteres ist mir nicht ganz immer, aber doch meistens gelungen. Zudem werde ich wohl als der Stadtratspräsident mit der kürzesten Durchlaufzeit eines Vorstosses in die Geschichte eingehen. Nicht mal 1 Minute und das Postulat zu einem Legislaturziel war vom Gemeinderat angenommen und vom Stadtrat überwiesen worden. Das nenne ich Effizienz….

Dass alles so glatt lief, das ist sicher auch euer Verdienst, liebe Kolleginnen und Kollegen in allen Chargen (wie es unser ehemaliger Kollege Alfred ausgedrückt hätte). Ich bin euch sehr dankbar, dass ihr mir das Leben nicht künstlich schwer gemacht habt. So konnte ich als Kapitän das politische Schiff „Stadt Thun“ zwar durch aufgewühlte See, aber ohne Kentern durchs Jahr führen. Es hat mir sehr viel Spass gemacht und viele schöne Momente gebracht. Ich kann sagen, dass so ein Jahr wirklich der Höhepunkt in meiner politische Karriere war.

Ein spezieller Dank geht an Christoph Stalder und seine Crew, die mir stets eine grosse Stütze waren. Er hat mit mir zusammen die Sitzungen stets gut vorbereitet. Ich muss zugeben, ich hatte im Vorfeld etwas Bammel, als ich erfahren habe, dass uns Remo Berlinger während meines Amtsjahres verlassen wird. Aber schon nach der ersten Sitzung mit Christoph im Mai, konnte ich beruhigt dem restlichen Ratsbetrieb entgegen sehen – ich fühlte mich sehr gut aufgehoben.

Nun danke ich euch nochmals herzlich für eure Unterstützung und wünsche uns (allen weiterhin aktiven Politikern) viele spannende Geschäfte und angeregte Diskussionen.

Ich habe mein Amtsjahr mit einem Zitat angefangen, ich werde es auch mit einem von Theognis von Megara, ein griechischer Schriftsteller aus dem Jahre 550 v.Chr beenden. Ich habe es in einem Stasigefängnis in Dresden aufgeschnappt. Das soll keine Anspielung auf unser Gremium sein, trotzdem passt es prima auf den Start einer neuen Legislatur.

“Unmöglich ist’s das Geschehene ungeschehen zu machen – Doch um das was da kommt, kümmere dich mit Bedacht!”

Merci